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Gezielte Maßnahmen, aktuelle Zahlen und Praxistipps: Ransomware-Schutz für den Mittelstand ohne Millionenbudget

Ransomware-Angriffe treffen den deutschen Mittelstand mit voller Wucht. Laut dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zählen diese Attacken zu den größten Cyberrisiken weltweit. Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden immer häufiger zur Zielscheibe, da sie oft wertvolle Daten besitzen, aber weniger in Sicherheit investieren als Großkonzerne. Mit gezielten Maßnahmen können sich jedoch auch KMU wirksam schützen.

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Person tippt ins Laptop. Rote Ausrufezeichen erscheinen
Foto: ©AdobeStock/Pixel-Studio

Allein im Oktober vergangenen Jahres waren laut einem Lagebericht des BSI in Deutschland 72 Kommunen von Ransomware-Angriffen betroffen, was sich direkt auf etwa 20.000 Arbeitsplätze auswirkte. Die durch Ransomware verursachten finanziellen Schäden weltweit lagen bei mehr als 1,1 Milliarden US-Dollar. Die Gefahr durch Ransomware ist allgegenwärtig und betrifft längst nicht mehr nur Großkonzerne. Cyberattacken werden zunehmend gezielter, ausgeklügelter und wirkungsvoller.

Ob ein Unternehmen global oder lokal agiert, ist dabei unerheblich – entscheidend bleibt, ob es Schwachstellen aufweist. Genau hier liegt häufig das Problem vieler mittelständischer Betriebe: unzureichend geschützte Systeme, veraltete Technik sowie ein fehlendes Problembewusstsein der Angestellten für die Risiken öffnen Hackern die Türen.

Warum der Mittelstand besonders gefährdet ist

Aus Sicht von Tätern ist der Mittelstand ausgesprochen attraktiv. Einerseits verfügen mittelständische Unternehmen über wertvolle Daten, technisches Fachwissen und lukrative Geschäftsbeziehungen. Andererseits mangelt es oft an umfassenden IT-Sicherheitsmaßnahmen.

Während Großkonzerne erhebliche Summen in ihre Verteidigung investieren, befinden sich viele Mittelständler noch im Aufbau ihrer Sicherheitsstrukturen oder verlassen sich lediglich auf einen Basisschutz wie Antivirenprogramme und einfache Firewalls.

Hinzu kommt die fortschreitende Digitalisierung – sei es durch Cloud-Dienste, flexible Arbeitsmodelle oder automatisierte Prozesse. Sie erhöht die Komplexität der IT-Systeme und somit auch die Anzahl potenzieller Schwachstellen. Oft bleiben die Sicherheitsmaßnahmen jedoch hinter dieser Entwicklung zurück. Der klassische „IT-Mitarbeiter, der die Aufgabe nur nebenbei übernimmt“, oder eine aus Kostengründen ausgelagerte IT-Betreuung reicht in vielen Fällen nicht mehr aus, um moderne Angriffe rechtzeitig zu erkennen und zu stoppen.

Ransomware-Gruppen operieren heute wie Unternehmen: Sie haben klare Aufgabenverteilungen, technischen Support, Vertriebskanäle im Darknet und nutzen professionelle Tools, um ihre Schadsoftware zu verbreiten. Der Mittelstand muss einsehen, dass er nicht zu klein ist, um ins Visier zu geraten – im Gegenteil: Er ist vielmehr „klein genug“, um angreifbar zu sein, und gleichzeitig „groß genug“, um sich als Ziel zu lohnen.

Fünf Schutzmaßnahmen mit begrenztem Budget

Die gute Nachricht lautet: Um sich wirksam vor Ransomware zu schützen, braucht es kein riesiges Budget, sondern vor allem ein durchdachtes Vorgehen. Fünf Maßnahmen stehen dabei im Fokus – sie lassen sich auch mit begrenzten Mitteln umsetzen, vorausgesetzt, es gibt eine klare Strategie und ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein.

1. Mitarbeitersensibilisierung:

Zuallererst ist es wichtig, dass Firmen ihre Belegschaft in den Mittelpunkt stellen. Der Mensch stellt nach wie vor die größte Angriffsfläche im Bereich der Informationssicherheit dar. Angreifer setzen gezielt auf Methoden wie Phishing, gefälschte Webseiten oder Social Engineering, um menschliches Fehlverhalten auszunutzen. Durch wiederkehrende Trainings – sei es online oder in Seminaren – kann man das Bewusstsein der Mitarbeiter schärfen und sie auf typische Angriffe vorbereiten. Das ist nicht teuer, bringt aber deutliche Pluspunkte im Hinblick auf Sicherheit.

2. Systematische Datensicherung:

Ein weiterer wichtiger Punkt ist ein durchdachtes Konzept für Datensicherungen. Nur wer regelmäßig Backups macht – und zwar getrennt vom normalen Netzwerk – kann im Notfall Daten zurückspielen, ohne auf die Forderungen von Hackern einzugehen. Oft reichen einfache Cloud-Lösungen oder externe Festplatten aus, wenn sie klug eingesetzt und regelmäßig überprüft werden.

3. Berechtigungsmanagement:

Auch die Frage, wer auf was zugreifen darf, muss neu bewertet werden. In vielen Betrieben haben zu viele Benutzer Adminrechte, obwohl diese für ihre Arbeit nicht erforderlich sind. Das Zero-Trust-Prinzip besagt, dass jeder Nutzer nur die Berechtigungen erhält, die er für seine jeweilige Tätigkeit wirklich benötigt – und nicht mehr. So verhindert man, dass sich Angreifer frei im System bewegen können.

4. Konsequentes Patchmanagement:

Auch das Patchmanagement darf nicht vernachlässigt werden. Veraltete Software stellt ein erhebliches Einfallstor für Angreifer dar. Deshalb sollten Sicherheitsupdates stets zeitnah und möglichst automatisiert installiert werden. Dies lässt sich entweder über einfache Werkzeuge oder durch die Unterstützung eines IT-Dienstleisters umsetzen. Der Aufwand bleibt dabei überschaubar, während der Sicherheitsgewinn erheblich ist.

5. Moderne Systeme:

Schließlich sind moderne Schutzsysteme wie Endpoint Detection and Response (EDR) sinnvoll, die ungewöhnliche Aktivitäten auf Endgeräten erkennen und automatisch Gegenmaßnahmen einleiten können. Früher waren solche Technologien vor allem großen Konzernen vorbehalten, inzwischen existieren jedoch auch bezahlbare Varianten für kleinere Unternehmen – beispielsweise als Cloud-Dienste mit kalkulierbaren monatlichen Kosten.

Der Notfallplan: Vorbereitet sein, wenn es ernst wird

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann es dennoch vorkommen, dass das System blockiert wird, man nicht mehr an seine Daten herankommt und sich ein Erpresser meldet. Jetzt ist entschlossenes Handeln gefragt – jedoch keinesfalls planlos. Ein durchdachter Notfallplan ist das A und O, um in so einer Lage die Nerven zu behalten.

Schon bei den Vorbereitungen muss klar sein, wer zuständig ist. Wer gehört zum Krisenstab? Wer redet mit Angestellten, Kunden, Behörden und der Presse? Welche Systeme müssen als Allererstes wieder laufen? Welche externen Fachleute – zum Beispiel IT-Forensiker oder Security-Berater – kann man im Notfall dazuholen?

Bei einem erkannten Angriff müssen zunächst die betroffenen Systeme isoliert werden: Netzwerkverbindungen kappen, Server herunterfahren und sichergehen, dass sich der Schaden nicht weiter ausbreitet. Parallel dazu beginnt die Spurensuche: Was genau ist passiert? Auf welchem Weg konnten die Angreifer eindringen? Wurden möglicherweise Daten gestohlen?

Die Kommunikation über den Vorfall muss ehrlich und offen sein – intern wie extern. Die Angestellten sollten sofort Bescheid wissen, damit keine Panik entsteht oder jemand Fehler macht.

Auch Kunden und Partner müssen erfahren, ob und wie sie betroffen sind. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten: Alle Informationen sollten vorab rechtlich und technisch geprüft werden, um Fehlinformationen oder rechtliche Konsequenzen zu verhindern.

Parallel dazu beginnt die Wiederherstellung. Im Idealfall hat man aktuelle, funktionierende Backups zur Verfügung, mit denen sich der ursprüngliche Systemzustand wiederherstellen lässt, ohne auf die finanziellen Forderungen der Erpresser einzugehen. Zahlungen an Angreifer sollte man generell sehr kritisch sehen – sie sind rechtlich heikel, befeuern das Geschäft der Kriminellen und garantieren keine erfolgreiche Entschlüsselung.

Ein guter Notfallplan endet mit einer gründlichen Nachbereitung. Welche Schwachstellen wurden ausgenutzt? Welche Abläufe müssen angepasst werden? Wie lassen sich solche Zwischenfälle in Zukunft verhindern? Diese Erkenntnisse sollten dokumentiert und in die Sicherheitsstrategie integriert werden.

Sicherheit als Teil der Unternehmenskultur

Ransomware betrifft nicht nur die anderen – der Mittelstand steckt längst mittendrin. Doch wer vorbereitet ist, kann sich wirksam schützen. Dafür braucht es keine riesigen Investitionen, sondern nur den Willen, Verantwortung zu übernehmen, eine realistische Einschätzung der Risiken und den Mut, Sicherheit als Teil der Firmenkultur zu sehen.

Auch kleine Schritte können viel bewirken – solange sie gut geplant sind. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter einbinden, ihre IT-Landschaft genau kennen und auf den Ernstfall vorbereitet sind, haben oft bereits einen entscheidenden Vorsprung gegenüber vielen Wettbewerbern. Denn effektiver Schutz fängt nicht bei der Technik an, sondern bei der Einstellung.

Porträt Anna-Lisa Yang

Anna Lisa Yang ist Informationssicherheitsexpertin bei der Abass GmbH.

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