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Wie Unternehmen der strukturierte Umstieg gelingt: In sieben Schritten zur Zero-Trust-Umgebung

Der Zero-Trust-Ansatz stellt vorhandene Sicherheitsarchitekturen auf den Prüfstand: Statt pauschalem Vertrauen überprüft das System jeden einzelnen Zugriff genau – ohne Ausnahme. Für Unternehmen bedeutet das tiefgreifende Veränderungen, die nahezu alle Systeme betreffen. Dieser Wandel will sorgfältig geplant sein. Eine schrittweise Einführung in mehreren Phasen hilft, Risiken zu verringern, Geschäftsprozesse stabil zu halten und Sicherheitslücken systematisch zu schließen.

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Leuchtend rotes Cybersicherheitssymbol
Foto: ©Adobestock/Khetha

Für Unternehmen führt derzeit kein Weg an Zero Trust vorbei: Angriffe über kompromittierte Benutzerkonten oder vermeintlich vertrauenswürdige Kanäle zeigen deutlich, dass klassische Schutzmaßnahmen, die auf Netzwerkgrenzen beruhen, nicht mehr ausreichen. Zudem lassen Cloud-Dienste und Remote Work die Grenzen von Unternehmensnetzwerken zunehmend verschwimmen.

An dieser Stelle setzt der Zero-Trust-Ansatz an. Er vertraut keinem Benutzer, Gerät oder Dienst – unabhängig davon, ob sie sich innerhalb oder außerhalb des eigenen Netzwerks befinden. Jeder Zugriff wird kontextabhängig geprüft, basierend auf Identität, Gerätestatus und Risiko.

Das erfordert von Unternehmen nicht nur ein Umdenken in der Sicherheitsarchitektur, sondern auch organisatorische Veränderungen: Zuständigkeiten, Berechtigungen und Prozesse müssen überprüft und neu strukturiert werden. Die Umsetzung von Zero Trust ist daher kein einzelnes Projekt, sondern ein kontinuierlicher Transformationsprozess.

Wer den Wechsel planlos angeht, riskiert Störungen im Betrieb und unnötige Komplexität. Ein schrittweises Vorgehen sorgt dafür, dass technische Maßnahmen, organisatorische Abläufe und Sicherheitsrichtlinien aufeinander abgestimmt bleiben.

Ein bewährter Ansatz ist die Einführung in mehreren Phasen – beginnend mit einer klaren Analyse der Ausgangslage bis hin zu kontinuierlicher Überwachung und Kontrolle.

Bestandsaufnahme und „Quick Wins“

Am Anfang steht eine gründliche, risikobasierte Bestandsaufnahme: Welche Benutzer, Geräte, Anwendungen und Datenbestände existieren, wie sind sie miteinander verknüpft und wo liegen besonders schützenswerte Informationen, Passwörter oder Token?

Darauf aufbauend bewerten die Verantwortlichen Risiken, legen Prioritäten fest und identifizieren erste „Quick Wins“ – also Maßnahmen, die sich mit geringem Aufwand umsetzen lassen und das Risiko deutlich reduzieren. Ebenso sollten Unternehmen messbare Ziele definieren, etwa deutlich weniger dauerhafte Berechtigungen oder einen schnelleren Entzug von Zugriffsrechten.

Das Ergebnis dieser Analyse ist eine Blaupause der künftigen Architektur mit einer priorisierten Maßnahmenliste und einem Plan für die schrittweise Umsetzung.

Phase 1: Identity Governance und Lifecycle Management

In der ersten Phase sollten Unternehmen zwei zentrale Grundlagen schaffen. Erstens ein standardisiertes Identity-Lifecycle-Management mit automatisierten Prozessen für Eintritt, Rollenwechsel und Austritt von Mitarbeitern. Dabei werden die für eine Rolle notwendigen, möglichst minimalen Berechtigungen automatisch vergeben, angepasst oder entzogen – und zwar über alle Systeme hinweg.

Zweitens sollten IT-Teams Rollen und Attribute vereinheitlichen sowie doppelte oder verwaiste Konten beseitigen – etwa durch rollen- und attributbasierte Zugriffskontrollen. Ein sauberes, konsistentes Identitätsmanagement reduziert die Angriffsfläche erheblich und bildet die Grundlage für alle folgenden Phasen.

Phase 2: Starke, adaptive Authentifizierung und Single Sign-on

Im nächsten Schritt steht die Absicherung des Zugriffs im Fokus. Passwortbasierte Verfahren sollten einer Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA) mit phishing-sicheren Faktoren weichen. Ergänzend reduziert Single Sign-on die Zahl der Anmeldevorgänge und erleichtert die Umsetzung einheitlicher Richtlinien.

Wichtig ist, dass Authentifizierungsanforderungen situationsabhängig angepasst werden – etwa bei ungewöhnlichen Zugriffsorten oder neuen Geräten.

Phase 3: Least-Privilege-Prinzip

Anschließend lässt sich die Sicherheit durch die konsequente Umsetzung des Least-Privilege-Prinzips noch einmal deutlich erhöhen: Berechtigungen sollten immer nur für den Zeitraum und Umfang vergeben werden, der tatsächlich erforderlich ist.

Ideal sind automatisierte Just-in-time-Freigabe-Workflows, die die für eine Aufgabe erforderlichen Zugriffsrechte erteilen und zum vorher festgelegten Zeitpunkt automatisch wieder entziehen. So lassen sich die Berechtigungen von menschlichen und nichtmenschlichen Identitäten auf die minimal notwendigen Rechte begrenzen.

Phase 4: Segmentierung von Anwendungen und Daten

Statt ganze Netzsegmente pauschal freizugeben, sollten Unternehmen den Zugriff auf Anwendungs- oder Datenebene steuern. Diese Mikrosegmentierung begrenzt im Ernstfall die Ausbreitung eines Angriffs. Sensible Daten lassen sich zusätzlich mit Attributregeln und kontinuierlicher Autorisierung absichern.

Für ältere Anwendungen bieten sich vorgelagerte Sicherheits-Broker an, die Authentifizierung und Zugriffskontrolle übernehmen.

Phase 5: Kontinuierliches Monitoring und Analyse

Spätestens jetzt sollten sich Unternehmen Gedanken zur Überwachung der eingeführten Maßnahmen machen, um Zero Trust als fortlaufenden Prozess zu etablieren. Monitoring-Systeme sollten Identitäts-, Zugriffs- und Aktivitätsdaten zentral auswerten, um Anomalien wie untypische Datenabfragen oder privilegierte Aktionen zu erkennen.

Methoden wie eine Analyse des Benutzerverhaltens (User Behavior Analysis, UBA) helfen, verdächtige Aktivitäten frühzeitig zu identifizieren und automatisierte Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Phase 6: Steuerung und Resilienz

Sobald die technischen Grundlagen geschaffen sind, müssen Organisationen diese in stabile Betriebsprozesse überführen. Dazu zählen regelmäßige Überprüfungen von Zugriffsrechten, Notfallmechanismen für privilegierte Konten sowie Testübungen, die die Wirksamkeit der Richtlinien überprüfen.

Backups sollten auch Identitäts- und Richtliniendaten einschließen, um zu verhindern, dass sich nach einer Wiederherstellung ungewollte Berechtigungen einschleichen.

Phase 7: Erweiterung auf Partner und Workloads

Zero Trust endet nicht an der Unternehmensgrenze, sondern sollte auch für externe Partner, Dienstleister und automatisierte Workloads gelten. Dazu gehören die gemeinsame Nutzung bestehender Identitätssysteme, starke Authentifizierungsfaktoren und minimale Berechtigungen.

Ebenso wichtig ist, den Zugriff nach Vertragsende automatisch zu beenden und die Einhaltung der Sicherheitsvorgaben regelmäßig zu prüfen.

Fazit

Zero Trust ist kein Projekt mit festem Endpunkt, sondern eine langfristige Sicherheitsstrategie. Wer den Ansatz schrittweise umsetzt, kann bestehende Systeme gezielt modernisieren und gleichzeitig die Geschäftskontinuität wahren.

Entscheidend ist, Identität, Kontext und Risiko in jeder Phase ins Zentrum der Sicherheitsarchitektur zu stellen – so entsteht ein belastbares Fundament für eine widerstandsfähige IT.

Porträt Sascha Degenhardt

Sascha Degenhardt ist Security Expert und Group Manager Consulting für die ManageEngine-Lösungen bei der MicroNova AG.

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