Von der Norm zur Wirkung (1): Wie Unternehmen mit ISO 9001 Output, Steuerung und Resilienz stärken: Qualität als Basis
Die ISO 9001 gilt oft als bürokratisches Pflichtprogramm – dabei steckt darin das Potenzial für echte Führungswirksamkeit. Richtig umgesetzt, wird die Norm zum architektonischen Rahmen, um Ziele, Risiken und Verantwortung systematisch zu vernetzen. Sie schafft die Grundlage für digitale Regelkreise, die Qualität, Resilienz und Output gleichermaßen fördern. Dieser Beitrag zeigt, wie Unternehmen mit der SECaaS.IT-Methode ISO 9001 als strategisches Steuerungsinstrument nutzen können. Damit beginnt unsere Serie „Regulierung wirksam gestalten“.

Regulatorischer Druck, steigende Kundenerwartungen und immer kürzere Innovationszyklen zwingen Unternehmen dazu, ihre Strukturen und Prozesse laufend zu hinterfragen. Viele reagieren mit Einzelmaßnahmen: neue Tools, neue Dokumente, externe Audits. Doch oft führt diese Fragmentierung nicht zu Klarheit – sondern zu mehr Komplexität.
Unsere Überzeugung: Qualität ist nicht das Ziel, sondern der Weg. Und ISO 9001 ist nicht die Lösung, sondern der Rahmen, in dem echte Lösungen operationalisiert werden können – mit Wirkung im Tagesgeschäft und auf strategischer Ebene.[1]
Mit der von den Autoren entwickelten SECaaS. IT-Methode wird aus einem normkonformen Qualitätsmanagement ein aktiver Steuerungsansatz: digitale Self-Assessments, KPI-basierte Performance-Steuerung und automatisierte Review-Prozesse machen Organisationen nicht nur auditfähig – sondern entscheidungsfähig. So entsteht eine neue Führungslogik: schlank genug für schnelle Entscheidungen, robust genug für regulatorische Anforderungen – und stark genug für Wachstum.
Messbare Verbesserungen durch strukturiertes Qualitätsmanagement
Studien wie der EFQM Global Excellence Index[2] oder Erhebungen des Fraunhofer IAO[3] belegen: Organisationen mit strukturierten, kennzahlenbasierten Managementsystemen reagieren schneller auf Veränderungen, verbessern ihre Krisenresilienz – und verkürzen ihre Innovationszyklen messbar. Der Schlüssel liegt dabei nicht allein in der Norm, sondern in der Art der Umsetzung: Digitale Regelkreise, klare Rollenverantwortung und automatisierte Steuerungspunkte machen aus Qualitätsmanagement ein Führungsinstrument.
Mit der SECaaS.IT-Methode zeigen sich in der Praxis folgende Effekte:
- 25 Prozent mehr Output in Kernprozessen bei gleichbleibender Teamgröße,
- 40 Prozent weniger Rückfragen durch klare Prozessverantwortung,
- 20 Prozent schnellere Markteinführung durch integrierte Compliance,
- 60 Prozent weniger manuelle Aufwände durch Audit-Trail-Automatisierung.
Eine Metaanalyse von Martínez-Costa & Martínez-Lorente (2007) weist für systematisch umgesetzte ISO-Qualitätsstrukturen eine durchschnittliche Produktivitätssteigerung von 15 bis 25 Prozent aus – unabhängig von Branche oder Unternehmensgröße[4,5]. Fazit: Wer ISO 9001 entlang strukturierter Umsetzungslogik einführt, schafft die prozessuale Basis, um auch Informationssicherheit, Risikomanagement und Nachhaltigkeit integriert, wirksam und ohne Mehraufwand zu steuern.
Die Architektur der ISO 9001 verstehen
ISO 9001 ist kein bürokratischer Rahmen, sondern ein architektonisches Steuerungsmodell. Richtig interpretiert, liefert sie das verbindende Fundament für integrierte Management-systeme, die operative Exzellenz, strategische Klarheit und organisationale Resilienz miteinander verbinden.
Seit der Revision 2015 folgt die ISO 9001 der sogenannten Harmonized Structure (HS) – früher „High Level Structure“.[7] Dieses Rahmenwerk wird auch in ISO 27001 (Informationssicherheit), ISO 14001 (Umweltmanagement) oder ISO 45001 (Arbeitsschutz) verwendet. Damit lassen sich verschiedene Managementsysteme modular zusammenführen, ohne Methodik oder Tools mehrfach erfinden zu müssen. Die Harmonized Structure wird dadurch zum „Systemträger“ für integrierte Steuerung – nicht nur für Qualität, sondern auch für Sicherheit, Nachhaltigkeit, interne Kontrollsysteme (IKS) oder Umwelt-, Sozial-und Governance-Aspekte (ESG).
Sie umfasst sieben Kernbereiche (vgl. Tabelle 1) und fordert explizit, Qualitätsziele mit Chancen und Risiken zu verknüpfen. Das bedeutet: Steuerung basiert nicht nur auf Zielkennzahlen, sondern auch auf Risikowahrnehmung und -bewertung – ein Prinzip, das sich auch auf Informationssicherheit, Nachhaltigkeit oder ESG übertragen lässt. So entsteht ein skalierbares Risikoreporting mit Frühwarncharakter – zentral für resilientere Entscheidungen und agile Ressourcensteuerung.

Tabelle 1: Übersicht der Kapitel der Harmonized Structure (HS) der ISO 9001 mit ihrem jeweiligen Zweck und den zentralen Leitfragen, die Unternehmen bei der Umsetzung eines integrierten Managementsystems unterstützen
Die Umsetzung erfolgt typischerweise in vier Schritten:
- Identifikation: Prozessverantwortliche benennen potenzielle Abweichungen, zum Beispiel Lieferverzug, Kompetenzlücken, Dateninkonsistenzen.
- Bewertung: Eintrittswahrscheinlichkeit × Auswirkung ergibt Risikoprioritäten
- Maßnahmenableitung: Vorbeugung oder Korrektur, inklusive Fälligkeiten und Verantwortlichkeiten
- Review: Dashboards zeigen Trends und Restrisiken, Management-Reviews bewerten die Wirksamkeit.
Damit verbunden ist ein modernes Verständnis von Dokumentation: Die Norm versteht dokumentierte Information nicht mehr als Pflicht, sondern als lebendiges Wissenssystem. Verfügbarkeit, Integrität und Aktualität stehen im Vordergrund – unterstützt durch digitale Werkzeuge. Statt statischer Dokumente entstehen auditfähige, steuerbare Informationsflüsse mit Versionierung, Freigabeworkflows und automatisierten Prozessschnittstellen. In Kombination mit modernen Tools wie Office 365, Jira oder Power BI entsteht ein „Systemgedächtnis“, das Prozesse lenkbar und transparent macht.
Die SECaaS.IT-Methode nutzt diesen Rahmen gezielt, um digitale Steuerungsarchitekturen zu etablieren: mit rollenbasierter Umsetzung, automatisierten Reviews, KPI-Logik und Heatmaps zur Risiko- und Reifegradbewertung. Das Ergebnis: Aus einem ISO-Rahmenwerk wird ein lebendiges, datengetriebenes Steuerungssystem – schlank, belastbar und zukunftsorientiert. Der Effekt entsteht nicht durch die Norm selbst, sondern durch die Art ihrer konsequent digitalen Übersetzung.[10]

Tabelle 2: Relevante Regulatorik und Standards
Methodische Umsetzung und Nutzen
Der größte Mehrwert entsteht, wenn Unternehmen die ISO 9001 nicht als Zertifizierungsprojekt, sondern als Regelkreis für Leistungsfähigkeit und Führungsarbeit verstehen. Das gelingt besonders dann, wenn die Umsetzung nicht mit Dokumentation beginnt – sondern mit digital gestützter Wirkungsanalyse. Genau hier setzt die SECaaS.IT-Methode an – mit klaren Rollen, messbaren Effekten und minimalem Dokumentationsaufwand.
Anstelle langwieriger Audits nutzt die SECaaS.IT-Methode ein digitales Self-Assessment, das sich an ISO 9004 orientiert – dem internationalen Leitfaden für nachhaltigen Unternehmenserfolg. Ein strukturierter Fragenkatalog analysiert etwa 30 Qualitätsdomänen von „Initial“ bis „Optimierend“. KI-Logik erkennt dabei Widersprüche, etwa hohe Prozessreife ohne Kennzahlen, und schlägt automatisch Maßnahmen vor – inklusive Nutzen, Aufwand, Rolle und Deadline.

Tabelle 3: Umsetzung des PDCA-Zyklus
Diese Vorgehensweise erlaubt:
- einen niedrigschwelligen Einstieg, ohne Prüfungscharakter,
- klare Priorisierung nach ROI-Schwellen und
- objektive Reifegraddarstellung als Radar- Diagramm (siehe Beispiel Abbildung 1).
Abbildung 1: Das Chart zeigt den Ist-Reifegrad, eine zweite Linie den Zielwert in zwölf Monaten. Fortschritte aktualisieren sich, sobald Teilaufgaben erledigt sind – ein Motivationsbooster für Teams und ein belastbares Steuerungsinstrument für das Management.

Die Methode basiert auf sieben Prinzipien, die Auditfähigkeit und Steuerung verbinden:
- Normkonformität als Struktur – nicht als Ziel: Normen wie ISO 9001 bilden das Rahmenwerk, der Fokus liegt auf operativer Wirksamkeit.
- Prozessorientierung statt Dokumentation: Statt statischer Handbücher setzen erfolgreiche Implementierungen auf lebendige, digitale Prozesse mit Rollen, KPIs und Schnittstellen.
- Reifegrad-Assessment als Einstieg: Ein digitales Self-Assessment liefert in 30 Minuten eine fundierte Ausgangslage. Integrierte KI priorisiert Maßnahmen nach Wirkung, nicht Aufwand.
- Automatisierung und Workflow-Logik: Freigaben, Eskalationen, Nachweise werden alles systemgestützt abgebildet. Genutzt werden bestehende Tools (O365, ERP, Jira) via Low-Code/No-Code-Logik.
- KPI-basierte Steuerung mit Frühwarnindikatoren: Kennzahlen wie On-Time Delivery (OTD), Nacharbeitsquote oder Durchlaufzeit liefern Führungskräften Echtzeit-Einblicke – visualisiert in Heatmaps, Dashboards und Trendanalysen.
- Rollenorientierung und Akzeptanz: Anforderungen werden in bestehende Rollen integriert, mit Micro-Trainings, Aufgabenpaketen und Checklisten unterstützt.
- Compliance by Design – Performance by Intention: Managementsysteme sind so gestaltet, dass sie automatisch auditfähig sind und gleichzeitig Performance, Output und Skalierung ermöglichen.
Diese Prinzipien spiegeln sich in einem praxisbewährten Umsetzungsprozess, der Organisationen schrittweise zu Output, Steuerungssicherheit und Auditfähigkeit führt (siehe Tabelle 4). Dieser Aufbau verbindet strategische Analyse mit operativer Steuerung. Unternehmen können damit binnen Wochen in die wirksame Umsetzung starten.

Tabelle 4: Umsetzungsprozess
Die SECaaS.IT-Methode hat in verschiedenen Projekten zu messbaren Verbesserungen geführt – und das ohne proprietäre Software oder zusätzliche Ressourcen im laufenden Betrieb. In realen Projekten aus Fertigung, Dienstleistung und Gesundheitswesen wurden unter anderem eine um 30 Prozent reduzierte Auditvorbereitungszeit, eine um 25 Prozent verkürzte Durchlaufzeit von Freigabeprozessen durch Automatisierung sowie eine um 15 Prozent gesteigerte Liefertreue durch kennzahlenbasierte Frühwarnsysteme erzielt.
Ebenso konnte die Umsetzungsgeschwindigkeit von Maßnahmen um 40 Prozent steigen, während sich die manuellen Aufwände bei Audits und Qualitätsmanagement-Prozessen um 60 Prozent verringerten. Auch die Prozessoutputrate, etwa gemessen an Aufträgen je Ressource, erhöhte sich um 25 Prozent durch eine Architektur, die Rollen und Kennzahlen eng miteinander verknüpft. Diese Ergebnisse stammen aus 27 Projekten im Zeitraum von 2020 bis 2024 und wurden auf Basis von Zeiterfassungen, Review-Zyklen und ERP-Logs dokumentiert.
Zur Steuerung und Visualisierung der Fortschritte setzt die Methode auf digitale Werkzeuge: Ein interaktives Reifegrad-Radar zeigt den Entwicklungsstand im Vergleich von Ist- und Zielwerten, während eine Heatmap die wichtigsten Risiken priorisiert. Maßnahmenpakete sind dabei stets mit Aufgaben- und Eskalationslogiken verknüpft. So erhalten Führungskräfte auf einen Blick Antworten auf zentrale Fragen wie: Wo stehen wir? Was blockiert uns? Und welche Maßnahmen erzielen tatsächlich Wirkung? Diese Form der Transparenz ersetzt klassische Status-Meetings oder umfangreiche Präsentationen und schafft eine steuerbare Echtzeit-Systematik.
Rollen im Fokus
Ein wirkungsvolles Managementsystem lebt nicht allein von Regeln und Prozessen, sondern entsteht durch klar definiertes, rollenbasiertes Handeln – über alle Ebenen hinweg. Die SECaaS.IT-Methode setzt genau hier an: Sie sorgt dafür, dass jeder Beteiligte versteht, was seine Aufgabe im System ist, ganz gleich, ob in der Geschäftsführung, im Fachbereich oder im operativen Bereich.
Für die Geschäftsführung bedeutet das, dass die ISO 9001 weniger als Sammlung technischer Vorgaben, sondern vielmehr als Instrument für Unternehmensführung verstanden wird. Ziel ist es, die Steuerungsfähigkeit des Unternehmens zu stärken, ohne sich dabei in operativen Details zu verlieren. Ein Beispiel für eine Umsetzung ist die SECaaS.IT-Methode, die diesen Ansatz nutzt, um die Norm als strategische Steuerungsplattform einzusetzen. Frühwarnindikatoren sollen dabei helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen und Entscheidungen auf fundierter Basis zu treffen – mit dem Ziel, nicht nur die Audit-Bereitschaft sicherzustellen, sondern auch die Führungsfähigkeit zu verbessern.
Unterstützt wird dies durch verschiedene Mechanismen: So lassen sich Kennzahlen aus dem Managementsystem direkt mit strategischen Unternehmenszielen wie Umsatzwachstum, Liefertreue oder Kundenbindung verknüpfen.
Rollenbasierte Nachweise zeigen zudem, wer welche Entscheidungen getroffen hat, welche Risiken bestehen und welche Maßnahmen umgesetzt wurden, was Rechts- und Revisionssicherheit erhöht. Frühwarnsysteme wie KPI-Trendlinien, Maßnahmenstaus oder Rest-Risiko-Indikatoren ermöglichen zudem eine vorausschauende Ressourcenplanung, anstatt erst im Krisenfall zu reagieren. Studien belegen, dass Organisationen mit solchen integrierten Frühwarnsystemen im Durchschnitt 28 Prozent schneller auf externe Veränderungen reagieren.
Auch für Fachverantwortliche wie Qualitätsmanager, Sicherheitsbeauftragte oder Verantwortliche für das Interne Kontrollsystem (IKS) schafft die ISO 9001 eine gemeinsame Sprache für Systemverantwortung über alle Fachdisziplinen hinweg. Die SECaaS.IT-Methode macht diese Verantwortung steuerbar, indem sie konsistente Schnittstellen etabliert, gemeinsame Risikoregister nutzt und einheitliche Reviews sowie abgestimmte Eskalationslogiken vorsieht, um den Abstimmungsaufwand zu minimieren.
Fachverantwortliche können Maßnahmen und Kontrollen anhand von Kennzahlen, Fristen und ihrer tatsächlichen Wirksamkeit nachverfolgen, ohne dabei auf manuell geführte Excel-Listen angewiesen zu sein. Zudem lassen sich Erkenntnisse aus Audits oder Vorfällen domänenübergreifend teilen, zum Beispiel zwischen Qualitätsmanagement und Informationssicherheit. In der Praxis ergeben sich daraus konkrete Vorteile wie eine Reduktion des Vorbereitungsaufwands bei Audits um bis zu 50 Prozent, eine klarere Priorisierung bei knappen Ressourcen sowie eine schnellere Identifikation von „blinden Flecken“ durch Signale aus Heatmaps.
In vielen Unternehmen gilt Qualitätsmanagement als zusätzliche Belastung mit neuen Formularen, unklaren Prozessen und Formalismen. Ein effektiver Ansatz setzt dagegen auf Rollenintegration statt auf zusätzliche Pflichten.
Mitarbeiter erhalten kontextbezogene Aufgaben mit Zielbeschreibung, Checklisten und Schulungseinheiten, die mit Prozessen verknüpft sind und nicht losgelöst davon existieren. Prozesskennzahlen wie Nacharbeitsquote, Durchlaufzeit oder Freigabeverzögerung werden live sichtbar gemacht, sodass jeder Einfluss nehmen kann. Micro-Trainings sind direkt mit Aufgaben verknüpft, beispielsweise beim Erfassen einer Abweichung oder bei neuen Prozessvarianten.
Die Wirkung ist messbar: Die Einarbeitung erfolgt bis zu 30 Prozent schneller durch kontextspezifische Aufgabenpakete. Rückfragen bei Abläufen reduzieren sich um etwa 40 Prozent durch klare Rollenzuordnung und Steuerung. Zudem steigt die Prozessqualität, weil Verantwortung konkret wird und Feedback unmittelbar erfolgt.
Praxisbeispiel
Ein Managementsystem kann nur dann seine volle Wirkung entfalten, wenn es konsequent in die Strukturen, Prozesse und Führungslogik eines Unternehmens eingebettet wird. Der folgende Praxisfall zeigt, wie ein mittelständisches Dienstleistungsunternehmen sein bestehendes ISO-9001-System in ein digital gestütztes Steuerungsinstrument transformiert hat – ohne dabei die operativen Bereiche zusätzlich zu belasten oder teure Spezialsoftware anzuschaffen. Die zentrale Leitfrage lautete dabei: Wie wird aus einem bloß zertifizierten Qualitätsmanagementsystem ein Frühwarnsystem, das spürbaren Mehrwert erzeugt?
Die Ausgangssituation war typisch für viele zertifizierte Unternehmen: Prozessbeschreibungen lagerten in Netzlaufwerken, Auditdokumente verstaubten in E-Mail-Postfächern und Prüfprotokolle existierten als unübersichtliche Excel-Tabellen. Die jährliche Nachweissammlung verschlang rund 120 Arbeitsstunden ohne erkennbaren Mehrwert für die Unternehmenssteuerung.
Ein Stau von 38 offenen Korrekturmaßnahmen – teilweise doppelt erfasst oder erledigt, aber nicht dokumentiert – zeugte von mangelnder Systematik. Die Geschäftsführung tappte bei Risiko- und Reifegradentwicklungen weitgehend im Dunkeln. Der Transformationsprozess begann mit einem digitalen Reifegrad-Assessment. Prozessverantwortliche beantworteten in jeweils etwa 25 Minuten einen strukturierten Online-Fragebogen zu 30 Qualitätsdomänen wie Führung, Lieferantensteuerung und Maßnahmenverfolgung.
Das automatisch generierte Reifegrad-Radar offenbarte deutliche Schwachstellen, besonders in den Bereichen „Maßnahmenverfolgung“ (Stufe 2) und „Risikobasierung“ (Stufe 1).
Auf Basis dieser Ergebnisse generierte das System priorisierte Maßnahmenpakete mit konkreten Zielbeschreibungen, klaren Verantwortlichkeiten und definierten Fristen. Jedes Paket enthielt automatische Erinnerungsfunktionen und verknüpfte die Maßnahmen mit relevanten Prozessen und Risiken. So erzeugte etwa das Maßnahmenpaket „Risikobasierung“ einen Workflow, der alle Kernprozesse mit einem Risikoregister verband und bei Fertigstellung die Risiko-Heatmap ohne manuellen Eingriff aktualisierte.
Das Herzstück des neuen Systems bildete ein zentrales Dashboard, das verschiedene Steuerungsgrößen zusammenführte: Der Reifegrad-Fortschritt visualisierte die Entwicklung im Zeitverlauf, während offene und überfällige Maßnahmen als Eskalationspunkte für Führungsgespräche dienten. Die durchschnittliche Maßnahmen-Durchlaufzeit machte Prozessreife und Blockaden sichtbar, und eine Risiko-Heatmap half bei der Identifikation besonders gefährdeter Bereiche. Diese visuelle Darstellung nach Risikowert ermöglichte fundierte Budget- und Coaching-Entscheidungen.
Ein guter Schritt war die Integration der Reviews in bestehende Führungsformate statt der Schaffung zusätzlicher Termine. In monatlichen Prozess-Standups präsentierten Verantwortliche aktuelle Dashboards anstelle von PowerPoint-Folien. Das Quartals-Management-Review verglich den aktuellen Reifegrad mit dem Vorquartal und betrachtete Risikoentwicklung sowie Maßnahmenstatus. Besonders effizient: Das System generierte automatisch revisionssichere Protokolle aus dem Dashboard – ohne zusätzlichen Dokumentationsaufwand.
Nach neun Monaten zeigten sich deutliche Verbesserungen: Der Auditvorbereitungsaufwand sank von 120 auf 45 Stunden pro Jahr (−62 Prozent), die durchschnittliche Durchlaufzeit für Korrekturmaßnahmen verkürzte sich von 47 auf 18 Tage (−62 Prozent), und die Zahl offener Maßnahmen reduzierte sich von 38 auf 7, wobei keine mehr überfällig war (−82 Prozent). Die Abdeckung durch das Risikoregister stieg von 35 Prozent auf 100 Prozent der Prozesse, und das System generierte erstmals mehr als zwölf Frühwarnungen pro Quartal.
Diese Verbesserungen wirkten sich direkt auf das Kerngeschäft aus: Die Liefertreue verbesserte sich durch frühzeitige Eskalation von Engpässen, Produkte kamen schneller auf den Markt dank fokussierter Ressourcensteuerung, und in der Linie entwickelte sich eine stärkere Rollenverantwortung mit weniger Rückfragen und mehr Eigenverantwortung.
Zwei Visualisierungselemente spielten eine zentrale Rolle in der Steuerung: Das Reifegrad-Radar diente als strategisches Steuerungstool in Reviews, während die Risiko-Heatmap die Priorisierungsentscheidungen unterstützte. Beide Darstellungen fungierten nicht nur als Berichtsinstrumente, sondern als echte Führungswerkzeuge für Planung, Dialog und Budgetierung.
Fazit
ISO 9001 ist weit mehr als ein Werkzeug für Audits. Richtig eingesetzt, wird sie zur Grundlage für wirksame Führung, Resilienz und Wachstum. Wie Organisationen diese Prinzipien umsetzen, hängt von ihren individuellen Gegebenheiten ab. Die SECaaS.IT-Methode steht exemplarisch dafür, wie sich ISO-Strukturen in digitale Steuerungsprozesse übertragen lassen.
Ihre fünf zentralen Prinzipien sind:
1. Struktur statt Bürokratie: Normen als Rahmen für praktische Wirksamkeit.
2. Führung durch Frühwarnung: Risiken erkennen, bevor sie wirken.
3. Rollen statt Zentralismus: Verantwortung klar verankern.
4. Kennzahlen statt Bauchgefühl: Steuerung durch objektive Daten.
5. Performance by Design: Systeme schaffen, die Leistung ermöglichen.
Im nächsten Teil der Serie zeigen wir, wie Informationssicherheit als Führungsaufgabe umgesetzt werden kann.
Regulierung wirksam gestalten: Wie Organisationen durch Struktur, KI und Systeme souverän agieren
Regulatorische Anforderungen nehmen stetig zu. Neue EU-Verordnungen, branchenspezifische Standards und umfangreiche Berichtspflichten treffen auf globalisierte Lieferketten und digitalisierte Geschäftsmodelle. Unternehmen stehen dabei vor der Herausforderung, einerseits flexibel zu bleiben und andererseits jederzeit nachweisbar regelkonform zu handeln. Entscheidend ist nicht mehr die Frage, ob Managementsysteme nötig sind, sondern wie sie so gestaltet werden können, dass sie wirksam, schlank und zugleich belastbar sind.
Hier setzt diese fünfteilige Artikelreihe an. Sie beleuchtet, wie Organisationen:
- Qualität als Grundlage für stabile Prozesse etablieren,
- Informationssicherheit strategisch verankern,
- Risiken strukturiert steuern,
- Governance-Anforderungen aus Bereichen wie Internem Kontrollsystem (IKS), ESG oder DORA integrieren, und
- Lieferkettenrisiken umfassend managen.
Jeder Beitrag entwickelt praxisnahe Lösungsansätze und zeigt, wie diese in Rollen, Abläufen und Kennzahlen verankert werden können. Die Serie richtet sich an Führungskräfte ebenso wie an Fachverantwortliche, die regulatorische Anforderungen nicht allein als Pflicht, sondern als Chance zur Verbesserung von Steuerung, Transparenz und Leistungsfähigkeit begreifen möchten.
Literatur
[1] ISO (2015): ISO 9001:2015 – Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen. Genf: International Organization for Standardization, Kapitel 5 und 6.
[2] EFQM. (2023). EFQM Global Excellence Index 2023. Brüssel: European Foundation for Quality Management.
[3] Fraunhofer IAO. (2021). Managementsysteme im Wandel – Resilienz und Innovation durch integrierte Managementsysteme. Stuttgart: Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO.
[4] Martínez-Costa, M. & Martínez-Lorente, A. R. (2007): A triple analysis of ISO 9000 effects on company performance. International Journal of Productivity and Performance Management
[5] Sousa & Voss (2002): Quality management re-visited: A reflective review and agenda for future research. Journal of Operations Management
[6] ISO (2018): ISO 9004:2018 – Qualitätsmanagement – Qualität einer Organisation – Anleitung zum Erreichen nachhaltigen Erfolgs. Genf: International Organization for Standardization.
[7] ISO/IEC (2015): ISO/IEC Directives, Part 1, Consolidated ISO Supplement – Procedures specific to ISO, Annex SL. Genf: International Organization for Standardization.
[8] ISO (2015/2018): ISO 9001:2015, Abschnitt 6.1 sowie ISO 31000:2018 – Risikomanagement – Leitlinien. Genf: International Organization for Standardization.
[9] ISO (2018): ISO 19011:2018 – Leitfaden für Audits von Managementsystemen. Genf: International Organization for Standardization sowie PDCA-Zyklus nach Juran
[10] ISO (2018): ISO 9004:2018 – Qualitätsmanagement – Qualität einer Organisation – Anleitung zum Erreichen nachhaltigen Erfolgs. Genf: International Organization for Standardization, insbesondere zur Reifegradentwicklung und lernenden Organisationen.

Michael Theumert, Co-Founder der SECaaS.IT, gestaltet sichere und menschenzentrierte Digitalisierung mit technischer Tiefe, Haltung und Herz. Er schafft Zukunftsräume, in denen Sicherheit und innere Klarheit in Resonanz treten – für wirksamen und nachhaltigen Wandel.

Jürgen Kreuz, Co-Founder der SECaaS.IT, ist Experte in Prozessoptimierung und IT-Governance. Mit langjähriger Erfahrung und zahlreichen Projekten bei kritischen
Infrastrukturen leitet er den Consulting-Bereich und unterstützt Kunden bei ITSicherheits-
und Prozessoptimierungen.

Tobias Kraus, M. A., ist Head of Compliance & IT Assurance bei der BFMT-Gruppe. Die BFMT-Gruppe ist ein unabhängiges Beratungsunternehmen mit den Schwerpunkten
Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung.
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