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EuGH-Urteil gegen die deutsche Vorratsdatenspeicherung

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) bekräftigt in seinem Urteil, dass die anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht mit EU-Recht vereinbar ist.

2 Min. Lesezeit
Ein digitales Vorhängeschloss ist von Binärcode umgeben und symbolisiert Cybersicherheit. Die blau gefärbte Szene zeigt die Zahlen 1 und 0 in einem kreisförmigen Muster und betont damit Datenschutz- und Verschlüsselungsthemen, ähnlich wie Konzepte der Vorratsdatenspeicherung.
©AdobeStock/Weissblick

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) bekräftigt in seinem gestrigen Urteil (C-140/20), dass die anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Damit bestätigt der EuGH seine bisherige Rechtsprechung.

Digitalcourage prüft die Auswirkungen des neuen Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union auf die Verfassungsbeschwerde von Digitalcourage (BVer2683/16) gegen die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung. Digitalcourage blickt dabei kritisch auf die Ausnahmen, die der EuGH offen lässt.

Klar ist, dass die anlasslose Vorratsdatenspeicherung weiterhin nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Bereits im Oktober 2020 hatte der EuGH zuletzt festgestellt, dass eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht zulässig ist, aber auch Ausnahmen erlaubt. Schon damals hatte Digitalcourage davor gewarnt, dass Regierungen dies nutzen werden, um den Wesenskern der Entscheidung des EuGH zu unterwandern: indem sie jedes Schlupfloch ausnutzen und so die Ausnahmen zur Regel machen. Immerhin seien diese Ausnahmen das Ergebnis eines unbelehrbaren Drängens der Mitgliedsstaaten entgegen der wiederholten Klarstellungen des EuGH, dass anlasslose Massenüberwachung nicht mit europäischen Grundrechten vereinbar sein kann. Vorratsdatenspeicherung vermeintlich gezielt an bestimmten Orten, zum Beispiel anhand der durchschnittlichen Kriminalitätsrate oder an Bahnhöfen und Flughäfen zu ermöglichen, riskiere eine Legalisierung der grundrechtswidrigen Massenüberwachung von weiten Teilen der Bevölkerung.

Konstantin Macher von Digitalcourage erklärt dazu: „Diese Ausnahmeregelungen gehen auch auf den massiven Druck zurück, den Mitgliedsstaaten seit Jahren auf den EuGH ausüben. Wie mit der Brechstange wird hier immer wieder versucht, Stück für Stück das Verbot anlassloser Massenüberwachung auszuhöhlen. Dadurch gibt es möglicherweise Schlupflöcher, mit denen Staaten – mit dem neuen Anstrich von sogenannten gezielten Maßnahmen – wieder anlasslose Vorratsdatenspeicherung einführen.“

Auch Digitalcourage engagiert sich seit langem gegen die Vorratsdatenspeicherung. Im Februar 2018 wurde deren aktuell laufende Verfassungsbeschwerde (BVer2683/16) vom Bundesverfassungsgericht angenommen. Mehr als 30.000 Menschen haben die Klage damals mitunterzeichnet und über 20 prominente Mitbeschwerdeführerende unterstützen sie. Digitalcourage erwartet, dass das Bundesverfassungsgericht die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung kippt und dabei auch derartigen Ausnahmeregelungen eine unmissverständliche Absage erteilt. Außerdem bekräftigt Digitalcourage, dass sich letztendlich die Politik von jeglicher Vorratsdatenspeicherung verabschieden muss, statt sie ständig unter neuem Gewand wiederzubeleben. Denn anlasslose Speicherung von Verkehrsdaten sei keine rechtsstaatliche Ermittlungsmaßnahme, sondern – egal wie man es dreht oder wendet – eine Massenüberwachung der gesamten Bevölkerung.

padeluun von Digitalcourage führt aus: „Der Koalitionsvertrag verspricht hier zwar Besserung, aber wir wünschen uns eine klare und endgültige Absage an das gescheiterte Projekt Vorratsdatenspeicherung. Dass der EuGH im Urteil explizit auch wieder „quick freeze“ als mögliches Instrument erwähnt, sollte als klarer Aufruf verstanden werden, über die rechtsstaatliche Ausgestaltung von tatsächlichen Alternativen nachzudenken. Wer heute noch Vorratsdatenspeicherung fordert, ist in der fehlgeleiteten Digitalpolitik der 2000er-Jahre stecken geblieben.”

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