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Künstliche Intelligenz, Cyberkriminalität und Regulierung: : So verändert sich Europas Sicherheitslage bis 2026

Der neue „Cybersecurity Forecast 2026“ von Google Cloud zeigt, wie stark sich Europas digitale Bedrohungslage verändert. Staatliche Hacker, KI-gestützte Täuschungsangriffe und strengere Regulierungen prägen die kommenden Jahre. Unternehmen müssen lernen, mit dieser neuen Komplexität umzugehen – oder riskieren, ins Hintertreffen zu geraten.

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Digitale Darstellung von Europa auf einem Globus mit leuchtenden Netzwerkverbindungen in Pink und Blau, symbolisiert Digitalisierung, Vernetzung und Technologie in Europa
Foto: ©AdobeStock/Narongsag/KI

Google Cloud Security beschreibt in seinem aktuellen Bericht die zentralen Trends der kommenden Jahre. 2026 steht die Cyberabwehr vor einem Wendepunkt: Künstliche Intelligenz wird zunehmend als Waffe eingesetzt, während kriminelle Gruppen weiterhin Ransomware nutzen, um Unternehmen und Behörden zu erpressen. Zugleich intensivieren die sogenannten „Big Four“ – Russland, Nordkorea, China und Iran – ihre Cyberaktivitäten, insbesondere in Europa.

Die Bedrohungen reichen von gezielten Angriffen auf kritische Infrastrukturen bis zu langfristigen Spionagekampagnen. Organisationen in Verteidigung, Energie, Kommunikation und Forschung geraten dabei ebenso ins Visier wie Dienstleister in der Lieferkette. Europa wird damit zu einem zentralen Schauplatz im globalen digitalen Machtkampf.

Gegner setzen voll auf KI

Künstliche Intelligenz wird zum entscheidenden Faktor der digitalen Kriegsführung. Laut Google Cloud entwickelt sich der Einsatz von KI durch Bedrohungsakteure von ersten Tests hin zu einem festen Bestandteil ihrer Operationen. Damit verändern sich Geschwindigkeit, Reichweite und Wirkung von Angriffen grundlegend.

KI-gestützte Kampagnen im Bereich Social Engineering, Informationsmanipulation und Malware-Entwicklung lassen sich automatisieren und skalieren. Phishing-Angriffe beschränken sich nicht mehr auf Texte oder E-Mails, sondern nutzen multimodale generative KI – also Deepfakes in Sprache, Text und Video. Diese Technologie ermöglicht täuschend echte Imitationen von Führungskräften oder Geschäftspartnern und führt zu einem Anstieg erfolgreicher Vishing- und Business-Email-Compromise-Angriffe.

„Wir erleben gerade eine tektonische Verschiebung in der Cybersicherheit“, sagt Igor Podebrad, Director im Office of the CISO bei Google Cloud. „Künstliche Intelligenz verändert das Kräfteverhältnis zwischen Angreifern und Verteidigern grundlegend. 2026 wird entscheidend sein: Unternehmen, die KI verstehen und verantwortungsvoll einsetzen, verschaffen sich einen echten Sicherheitsvorsprung.“

Cyberkriminalität bleibt weltweit disruptiv

Ransomware und Erpressung durch Datendiebstahl bleiben laut Google die dominierende Form der finanziell motivierten Cyberkriminalität. Professionelle Gruppen nutzen zunehmend Schwachstellen in Drittanbieter-Software und Zero-Day-Exploits, um Angriffe mit Kaskadeneffekt auszulösen.

Ein besonderes Risiko geht von nordkoreanischen Hackern aus, die sich als IT-Fachkräfte tarnen und ihre Aktivitäten auf Europa ausweiten. Diese falschen Mitarbeiter verschaffen sich Zugang zu Unternehmensnetzwerken, um sensible Daten und Quellcodes zu stehlen. Infolge des Drucks durch Strafverfolgungsbehörden in den Vereinigten Staaten verlagern sie ihre Aktivitäten auf den europäischen Markt.

Unternehmen sollten sich auf eine Zunahme aggressiver Erpressungsversuche einstellen. Nordkoreanische Gruppen kombinieren technische Raffinesse mit psychologischem Druck und drohen mit der Veröffentlichung gestohlener Daten. Ihre Methoden werden sich weiterentwickeln – insbesondere durch die Nutzung von Künstlicher Intelligenz und Blockchain-Technologien.

In global agierenden Organisationen erschweren virtualisierte Infrastrukturen und Bring-Your-Own-Device-Umgebungen die Erkennung solcher Bedrohungen. Vermittler, die als Dienstleister auftreten, tragen zusätzlich zur Verschleierung der Herkunft solcher Angriffe bei – besonders in Großbritannien und Osteuropa.

Trends bei staatlichen Akteuren

Staatlich gesteuerte Cyberaktivitäten werden 2026 zunehmen. Russland konzentriert sich laut Bericht auf strategische Langzeitoperationen, während Nordkorea seine Angriffe im Bereich Kryptowährungen und Wirtschaftsspionage ausbaut. China wird groß angelegte verdeckte Operationen priorisieren, während Iran zunehmend auf disruptive und propagandistische Angriffe setzt.

In Europa sind vor allem russische und chinesische Kampagnen gegen Regierungen, Verteidigungseinrichtungen und Forschungsinstitute zu erwarten. Besonders betroffen sind Sektoren mit hoher Innovationskraft – etwa Energie, Halbleiter, künstliche Intelligenz und Luftfahrt. Hinzu kommen Attacken auf Lieferketten über Managed Service Provider oder Softwareabhängigkeiten, die es Angreifern ermöglichen, gleich mehrere Organisationen gleichzeitig zu kompromittieren.

Neue Regulierungen sorgen für Wirbel

Neben den technischen Herausforderungen stehen Unternehmen 2026 auch vor massiven regulatorischen Veränderungen. Der EU AI Act tritt im August 2026 in seine strengste Phase ein und verpflichtet Organisationen zu umfassender KI-Governance. Unternehmen müssen nachvollziehbare Risikomanagementsysteme etablieren, die Datenqualität und Unvoreingenommenheit ihrer Modelle sicherstellen und menschliche Kontrollmechanismen integrieren.

Da Verstöße mit Geldstrafen von bis zu sieben Prozent des weltweiten Jahresumsatzes geahndet werden können, geraten viele Unternehmen unter erheblichen Druck. Parallel dazu wird die Umsetzung der europäischen NIS2-Richtlinie den Sicherheitsstandard in der gesamten Region anheben. Sie erweitert den Geltungsbereich auf zahlreiche neue Branchen und macht die Unternehmensleitung persönlich verantwortlich für Cyberrisiken und Sicherheitsvorfälle.

Die Folge ist ein struktureller Wandel in der Governance: Cybersicherheit wird zur Chefsache. Führungskräfte müssen technische und rechtliche Verantwortung gleichermaßen übernehmen – ein Paradigmenwechsel, der Europas digitale Resilienz langfristig stärken dürfte.

Fazit:

Der „Cybersecurity Forecast 2026“ zeigt, wie tiefgreifend sich die Sicherheitslage in Europa verändert. Künstliche Intelligenz wird zur zentralen Waffe, Cyberkriminalität bleibt globaler Treiber von Instabilität, und neue Regulierungen erzwingen eine stärkere Verantwortlichkeit in Unternehmen. Wer diese Entwicklungen frühzeitig erkennt und strategisch reagiert, kann aus dem Umbruch einen Wettbewerbsvorteil machen.

Porträt Igor Podebrad
Foto: Google

Igor Podebrad, Director im Office of the CISO bei Google Cloud

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